MITTELGRUND


Die Gemeinde Mittelgrund im Gerichtsbezirk Tetschen umfasste die Ortschaften Mittelgrund (mit dem Ortsteil Tschirte), Obergrund, Peiperz und Kalmswiese. Die Gesamtfläche der Gemeinde betrug 1.106 ha. Mittelgrund und Obergrund erstreckten sich fast 5 km am linken Elbufer entlang. Peiperz und Kalmswiese sind nur durch das steile und enge Peiperztal hinauf zu erreichen. Das Gemeindegebiet von Mittelgrund ist fast durchwegs bergig. Die vier Ortschaften reihen sich in einem großen Halbkreis von fast 8 km Länge wie eine Perlenschnur um die sie umgebenden Berge. Dreiviertel der Gemeinde war von Wald bedeckt, 11 % standen in landwirtschaftlicher Nutzung. Die Böden sind fast ausschließlich sandig. Die Orte der Gesamtgemeinde waren von Anfang an keine Bauerndörfer, sondern Siedlungen von Fischern und Schiffern (Ober- und Mittelgrund) sowie von Arbeitern und Häuslern (Kalmswiese und Peiperz). Von Land- und Forstwirtschaft lebten 1939 nicht einmal 2 %, von Industrie und Handwerk 35 % und von Handel und Verkehr über 40 % der Erwerbsbevölkerung.  

Die Ortschaften der Gemeinde Mittelgrund gehörten von ihrer Gründung an zur Pfarrei St. Wenzel in Rosawitz. Nach der Verselbständigung der Pfarrei Hl. Franz Xaver in Biela 1852 wurde Kalmswiese dorthin zugeteilt. Eine Sonderstellung hatte Mittelgrund, da ein großer Teil der Trauungen und Taufen in der näher gelegenen Pfarrkirche Hl. Dreifaltigkeit in Niedergrund erfolgte, das mit dem Dampfschiff oder Boot leichter zu erreichen war als das entfernte Rosawitz, wo nachträglich die pfarramtlichen Eintragungen erfolgten. Die Matriken für Mittelgrund sind, wie sämtliche Rosawitzer Kirchenbücher, seit 1596 erhalten. In alter Zeit unterstanden Mittelgrund und Obergrund dem Stadtrichter in Tetschen und besaßen wohl seit dem 16. Jahrhundert ihr eigenes Richteramt. Die vier Ortschaften der Gemeinde sind verhältnismäßig spät entstanden, nämlich Mittel- und Obergrund seit dem 14. und 15. Jahrhundert, Kalmswiese im 16. Jahrhundert und Peiperz erst im 17. Jahrhundert. Möglicherweise bestanden aber schon vorher vereinzelte menschliche Ansiedlungen dort.  

Mittelgrund mit Tschirte
Der älteste Nachweis der „Tetschner Gründe”, worunter sämtliche Siedlungen unterhalb Tetschens, linksseitig der Elbe, verstanden wurden, stammt von 1346 und gilt sicherlich auch für die Ortschaft Mittelgrund. Gemäß den Urbaren von 1620 und 1624 gab es in Mittelgrund nur neun Häuser, deren Besitzer die Familien Stolze, Beutel, Grams, Hietel, Kunert, Peißig, Simon, Tschirbiba und Wunderlich waren. 1713 gab es 19 Häuser mit 124 Einwohnern. 1787 besaß Mittelgrund 57 Häuser, zu denen noch die neun Häuser von „Czerda” (= Tschirte) kamen, sodass insgesamt 66 Häuser bestanden. 1833 lebten in Mittelgrund und Tschirte in 64 Häusern 362 Einwohner. Die Tschirte gehört wahrscheinlich zu den ältesten Ortsteilen Mittelgrunds. Der Name geht sicherlich auf eine Geländebezeichnung zurück, in der das altslawische Wort „czert” = Teufel enthalten ist. Es handelt sich somit um eine „Teufelsschlucht”. 1890 hatte der Ort 470 Einwohner und 1890 waren es 528. Der Höchststand wurde 1930 mit 641 Bewohnern erreicht. Die häufigsten Familiennamen in Mittelgrund waren 1934 Hieke, Beutel, Fritsche, Stolz, Hietel, Hübner, Ritschel, Gretschel, Hampe, Schade, Seidel, Hein, Knechtel, Leinweber, Peißig, Weigel, Werner, Dietrich, Dinnebier, Focke, Hortig, Kammer, Löbel, Müller, Richter, Strache und Winkler.  

Obergrund mit Papert
Die ersten Häuser der späteren Ortschaft Obergrund wurden vermutlich 1407 errichtet. Die 1581 verwendete Bezeichnung „Die andern Wirte ober der Elben” scheint einer der ersten Ansätze zur Bildung des Ortsnamens gewesen zu sein. In den Urbaren von 1620 und 1624 sind 13 Häuser für „Grundt” nachgewiesen. Als Besitzer sind die Familien Hieke, Stolze, Focke (seit 1580 nachweisbar), Kühnel, Peißig, Peschke, Ritschel und Seidel genannt. 1713 bestand Obergrund aus 13 Häusern, in denen 85 Einwohner lebten. 1787 hatte das Dorf 30 Häuser und es bestand bereits das 1760 entdeckte Josephsbad, das mit seinem leicht säuerlichem Wasser bei Anwendungen gegen Gicht, Rheumatismus, Leberleiden und Magenbeschwerden diente. 1833 standen 32 Häuser, in denen 104 Menschen wohnten. 1869 hatte Obergrund 388 und 1890 schon 472 deutsche Bewohner. 1930 lebten 770 Menschen im Ort. Die häufigsten Familiennamen in Obergrund waren 1934 Schade, Dörre, Kunert, Leinweber, Stolz, Winkler, Beutel, Hein, Heller, Kammel, Lösel, Neumann, Schieche, Bendel, Böhm, Hortsch, Max, Mayer, Richter, Seidel und Tampe.  

Der Papert war einst ein landwirtschaftliches Gut, das sich in der Nähe des Köllborns befand. Namengebend dürfte eine Familie Papert gewesen sein. Die älteste Kunde stammt von 1514, demzufolge die Familie Teufel „uff dem Paperte” wohnte. Außer den Familien Hanel (1566), Lerche (1581), Wunderlich (1604), Pechanz (1608) und Stolze (ab 1620) bewirtschaftete zeitweise die Herrschaft den Papert selbst. 1683 kaufte Graf Maximilian von Thun das Gut dem Christoph Stolze ab, angeblich um die Wilddieberei einzustellen.

Peiperz
Der Ortsname Peiperz ist aus einem Geländenamen entstanden, der entweder mit dem dort vom Gebirge herabstürzenden Gebirgsbach oder mit der besonders starken Strömung der Elbe zusammenhängt, die durch den Schwemmkegel des Baches verursacht wird. So könnte die slawische Bezeichnung „pri prejice” = „bei der Strömung” zugrunde liegen. Die älteste Nennung bietet ein Eintrag von 1543 (für 1515) in die tschechisch geführte Landtafel, in welcher der Bach in Peiperz „potok v Priperici” (statt -r`ici) erwähnt ist. Die Urbare von 1620 und 1624 und 1650 sowie die Steuerrolle von 1654 und auch der Theresianische Kataster von 1713 kennen noch keine Ortschaft Peiperz. Gleichwohl lebten 1713 nach den Rosawitzer Seelenlisten 42 Personen in vermutlich sechs Häusern im Dorf. 1787 standen 26 Häuser und 1833 waren es 32 Häuser, in denen 200 Menschen lebten. Bei den Volkszählungen von 1869 und 1890 hatte Peiperz 304 bzw. 421 deutsche Einwohner. 1910 war mit 442 Bewohnern der Höchststand erreicht. Die häufigsten Familiennamen in Peiperz waren 1934 Beutel, Schade, Werner, Hieke, Richter, Beher, Kreibich, Michel, Müller, Perthen, Püschel, Seidel und Weigel.  

Kalmswiese
Der Ort Kalmswiese wurde 1550 als deutsche Spätrodung mit kleinbäuerlichem Aufbau gegründet. Der Ortsname ist eindeutig auf „Kalbens Wiese” zurückzuführen. Die Urbare von 1620 und 1624 weisen in „Calbeswiese(n)” die Gärtner Grünzner, Hietel, Roschig und Rüllich nach. Laut der Steuerrolle von 1654 waren in „Kalbeswiese” acht Gärtner ansässig und 1713 hatte „Kalten Wiesen” sechs Wirte. 1787 standen im Ort 38 Häuser, 1833 waren es 42 Häuser mit 273 Bewohnern. 1869 lebten 361 und 1890 402 deutsche Bewohner in Kalmswiese. Der Höchststand war 1939 mit 677 Menschen erreicht. Die häufigsten Familiennamen waren 1934 Richter, Beher, Püschel, Strache, Hampe, Hieksch, Arlt, Hieke, Prautsch, Walter, Werner, Pfannschmidt, Rotsch, Winkler, Ahne, Grünzner, Hausenblas, Keßler, Klepsch, Preidel und Stolz.  

Nach der tschechischen Gemeindeeinteilung bilden die vier Ortschaften der ehemaligen Gemeinde Mittelgrund den Stadtteil XI der Stadt Děčín. 1961 entfielen auf die Ortschaft Střední Žleb (= Mittelgrund) 465 Einwohner, auf Horní Žleb (= Obergrund) 659, auf Přípeř (= Peiperz) 248 und auf Jalůvčí (= Kalmswiese) 481 Personen.

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