NIEDERGRUND


Die Gemeinde Niedergrund im Gerichtsbezirk Tetschen bestand aus der Ortschaft Niedergrund und den getrennt gelegenen Ortsteilen Tschirte und Goldener Ranzen. Die Gesamtfläche der Gemeinde betrug 1.216 ha, davon lagen 80 % links und 20 % rechts der Elbe. Das 4 km lange Niedergrund schmiegt sich malerisch an die Elblehnen und hatte sich zu einer beliebten Sommerfrische entwickelt. Die Tschirtenhäuser lagen getrennt vom Ort an der südlichen Gemeindegrenze gegen Mittelgrund zu, zu dem die anderen (Mittelgründer) Tschirtenhäuser gehörten. Gegenüber auf dem rechten Elbufer befand sich der kleine Ortsteil Goldener Ranzen. Oberhalb des schmalen Siedlungsstreifens entlang der Elbe steigen steile, zerklüftete Felswände auf. Auf der Hochebene oberhalb der Felsenkämme links der Elbe erstreckte sich das Tetschner Forstrevier, in welchem das „Böhmische Tor” - der ehemalige Übergang zwischen Böhmen und Sachsen - liegt. Das Gemeindegebiet von Niedergrund bestand zu 85 % aus Waldboden und 11 % Felsen. Niedergrund war als Siedlung von Schiffern, Flößern und Waldarbeiter entstanden. Der Anteil der Bevölkerung an Land- und Forstwirtschaft war 1939 mit knapp 7 % recht gering, in Industrie und Handwerk waren gut 27 % und im traditionellen Wirtschaftsbereich Handel und Verkehr rund 44 % der Einwohner tätig.  

Niedergrund gehörte ursprünglich zur Pfarrei Tetschen und ab 1702 zur Pfarrei Rosawitz. 1784 wurde es eine Lokalie der Pfarrei Rosawitz und 1853 schließlich eine eigene Pfarrei. Die selbständige Matrikenführung für Niedergrund begann 1780. Frühere Eintragungen finden sich in den Rosawitzer bzw. Tetschner Matriken (in beiden Pfarreien seit 1596). Die Kirche zur Hl. Dreifaltigkeit wurde 1747 erbaut und 1830/31 von Grund auf umgestaltet und der spätbarocke Stil teilweise romanisiert. Schon 1530 war Niedergrund vorwiegend lutherisch, gefördert durch die frühzeitige Reformation in dem benachbarten Reinhardtsdorf in Sachsen, zu dem stets kirchliche Beziehungen bestanden und mit dem es durch einen „Kirchsteig” verbunden war. Die durch die Gegenreformation ab 1624 zur Auswanderung gezwungenen Niedergrunder Einwohner sammelten sich daher recht zahlreich in Reinhardtsdorf, wo noch bis ins 19. Jahrhundert hinein die Sitzplätze dieser Exulanten in der Kirche bezeichnet waren.  

Das für Niedergrund zuständige Erbgericht bzw. spätere Ortsgericht befand sich in Mittelgrund. Die Ortschaft Niedergrund ist zweifellos erst nach den Hussitenkriegen im 15. oder Anfang des 16. Jahrhunderts entstanden. Ob davor im Ortsgebiet Menschen lebten, ist nicht ganz geklärt. Vermutlich bestand schon lange vorher eine Kleinstsiedlung als Wegestation in der Nähe der gefährlichen Elbestromschnelle. Die Namen der Familien von 1570 lauteten (allerdings nicht eigens für Niedergrund, sondern für alle „Grund”-Orte) in den sechs Häusern Gewaltiger, Adam, Walter, Beutel, Dinnebier und Preidel. 1624 war die Zahl der Häuser bereits auf 14 angestiegen, wie das Herrschaftsurbar aus diesem Jahr zeigt (obwohl dort Niedergrund nicht getrennt erscheint). Die Einwohner hießen Walter, Beutel, Preidel, Dinnebier, Gewaltiger, Guth, Richter, Weber und Zenker. Außerdem gab es die wohl auf der rechten Elbeseite siedelnden Gärtner Focke und den Häusler Lerch „in der Lauben” - vielleicht an der Stelle des späteren „Goldenen Ranzen”. 1654 standen 12 Häuser und 1713 wurden 25 Häuser mit etwa 170 Einwohnern registriert. 1787 hatte Niedergrund 66 Hausnummern und ein „kaiserl.-königl. Gränzzollamt”. Bis dahin waren die Familien Dix, Effenberger, Hieke, Hietel, Hille, Saase, Seidel und Stolz in Niedergrund sesshaft geworden. 1833 wurden 91 Häuser mit 573 Einwohnern verzeichnet. Bei den Volkszählungen von 1869, 1890 und 1910 wurden 661 bzw. 900 bzw. 793 Einwohner gezählt.  

Goldener Ranzen
Die zwei Häuser „Goldener Ranzen” auf der rechten Elbseite waren erst 1729 erbaut worden, hatten aber vielleicht schon Vorläufer. Im Urbar von 1624 sind am Schluss des Verzeichnisses von „Grundt” die zwei Häuser der Familien Focke und Lerch „in der Lauben” angeführt - vermutlich handelt es sich dabei um den „Goldenen Ranzen”. Es soll sich bei dem sonderbaren Namen nach der Überlieferung um einen Spitznamen handeln, der eigentlich „Gulden-Ranzen” - nach der Münzart - lautete.  

Tschirte
Die drei nach Niedergrund eingemeindeten Tschirtenhäuser, die ihren Namen von dem alten Mittelgrunder Ortsteil Tschirte übernommen haben, dürften zwischen 1870 und 1880 entstanden sein.  

Klopt oder Klobt
Der vom mittelhochdeutschen „klobe” (gespaltenes Holzstück) stammende Name taucht um 1781/82 auf und bezeichnet die alte Ansiedlung der Klopthäuser.  

Die häufigsten Familiennamen in Niedergrund nach dem Stand von 1934 waren Hille, Seidel, Walter, Beutel, Konrad, Hieke, Krombholz, Perthen, Dittrich, Dix, Hietel und Wirsam.  

Die tschechische Gemeinde Dolní Žleb hat den gleichen Gebietsumfang wie das frühere deutsche Niedergrund. 1961 lebten 243 Einwohner dort. Heute gehört die Ortschaft als Stadtteil XIV zur Stadt Děčín.

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