PARCHEN


Die Gemeinde Parchen im Gerichtsbezirk Böhmisch Kamnitz bestand aus den Ortschaften Parchen und Schelten. Zu Parchen gehörten die Ortsteile Emanuelsberg, Pflaume und Freudental mit der Parchenmühle. Etwas abgesetzt lag das Bildsteinhaus, mitten in Parchen der Kühlberg mit der Kühlbergbaude. Das Gemeindegebiet von Parchen und Schelten ist eine Hochfläche mit durchschnittlich 560 m bis 580 m Meereshöhe. Sie wird von einigen Erhebungen überragt, deren bedeutendste der Bildstein (634 m), der Große Tscheschkenstein oder Steinberg (628 m) und der Kühlberg (595 m) sind. Von der Gemeindefläche einschließlich Emanuelsberg entfielen rund 33 % auf Wald (ohne Emanuelsberg aber nur 16 %), rund 60 % wurden landwirtschaftlich genutzt.  

Parchen ist der Ursprungsort der nordböhmischen Lustererzeugung, deren Anfänge um 1700 liegen und die ab 1724 fabrikmäßig betrieben wurde. 1939 war Parchen eine ausgesprochene „Industriegemeinde”, denn 74 % der Bevölkerung hatte ihr Auskommen in Industrie und Handwerk. Der Bereich Landwirtschaft spielte mit 5 % Anteil nur eine geringe Rolle. Im Bereich Handel und Verkehr waren 10 % der Einwohner beschäftigt.  

Die Ortschaften Parchen und Schelten gehörten von ihrer Gründung an zur Pfarrei Steinschönau. Im Jahre 1802 wurde in Parchen eine Lokalie errichtet, die 1806 zur selbständigen Pfarrei mit dem Sprengel Parchen, Schelten und Emanuelsberg erhoben wurde. Die Matriken sind seit 1784 erhalten. Ältere Eintragungen enthalten die seit 1715 vorhandenen Kirchenbücher von Steinschönau. Die zwei Ortschaften Parchen und Schelten hatten bis 1849 eigene Dorfrichter. 1849 wurden die beiden Orte zur politischen Gemeinde Schelten zusammen geschlossen. Nach etwa einem dreiviertel Jahrhundert setzte sich jedoch nach und nach die Bezeichnung „Parchen-Schelten” durch. Nach 1918 erfolgte die Einführung des Gemeindenamens Parchen. Ende der 1920er Jahre erfolgte die Eingemeindung der angrenzenden, bis dahin zur Gemeinde Sonneberg (Kreis Böhmisch Leipa) gehörigen kleinen Ortschaft Emanuelsberg.

  Kirche St. Laurentius, erbaut 1780/81

Schelten
Die älteste eindeutige (es gibt eine ältere, nicht eindeutige) Nennung datiert von 1615. Man kann annehmen, dass der Ort in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts entstanden ist. Die beträchtliche Höhenlage und die wenig ertragreichen steinigen Böden waren die Gründe für diese späte Rodung. Das Dorf war als einseitiges Reihendorf mit langen, parallel laufenden Wirtschaftsstreifen angelegt worden. Vermutlich liegt dem Ortsnamen ein alter Geländename zugrunde im Sinne von „steiniger, unebener Boden”. In der Steuerrolle von 1654 sind sechs Gärtner und zwei Häusler für Schelten ausgewiesen. Die Namen der Gärtner lauteten Lorenz, Helzl, Horn und Thomas. Die beiden Häusler hießen Helzl. 1713 war die Zahl der Häuser auf 13 gestiegen. Die Wirte hießen Lorenz, Gleßner, Horn, Wenzel, Wetzig und Zincke. 1787 war Schelten auf 22 Hausnummern gewachsen und 1833 hatte der Ort 44 Häuser mit 222 Einwohnern. Bis zum Ersten Weltkrieg nahm die Einwohnerzahl durch den Aufschwung der Glasindustrie beträchtlich zu und bei den Volkszählungen von 1869 wurden 367, 1890 schließlich 402 und 1910 dann 525 Einwohner gezählt. 1910 waren auch 87 tschechische Ortsbewohner miterfasst, die hauptsächlich wegen der Arbeitsplätze in der Glasindustrie zugezogen waren.  

Parchen
Parchen wurde 1630 auf herrschaftlichen Gründen angelegt. Der Ortsname, vermutlich ein Geländename, bedeutet soviel wie eingefriedeter Ort, Gehege oder Zwinger. Es handelt sich offenbar um die mitteldeutsch-schlesische Wortform „parch”, die zu hochdeutschem „Pferch” zu stellen ist. 1713 hatte Parchen 46 Häuser. Als Familiennamen sind Palme, Hannel, Stolle und Zahn überliefert. 1787 wurden 56 Häuser und 1833 schließlich 78 Häuser mit 486 Einwohnern festgehalten. Die erwerbstätigen Parchener beschäftigten sich fast ausschließlich mit Glasbearbeitung und Glashandel; die Glaswaren wurden vornehmlich nach Italien verkauft.1869 hatte Parchen 599 Bewohner, 1880 waren es 651, 1890 nur noch 558 und 1910 dann 531 fast ausschließlich deutsche Einwohner.  

Ortschaft (später Ortsteil) Emanuelsberg
Der Ort wurde Mitte des 18. Jahrhunderts auf Veranlassung der Herrschaft Oberliebich gegründet. 1787 hatte Emanuelsberg nur vier Häuser und 1833 standen zwölf Häuser, in denen 61 Einwohner lebten. Bis 1910 war eine Vergrößerung auf 16 Häuser mit 103 Einwohnern eingetreten. Wegen der Zugehörigkeit zu Oberliebich war Emanuelsberg zum Kreis Böhmisch Leipa (zur Gemeinde Sonneberg) zugeteilt worden. Wegen der viel näheren Lage zu Parchen erfolgte jedoch nach dem Ersten Weltkrieg die Umgliederung der etwa 40 Häuser mit 200 Einwohnern umfassenden Ortschaft zur Gemeinde Parchen.  

Die häufigsten Familiennamen waren 1934 in der Gesamtgemeinde Parchen-Schelten Palme, Glößner, Kreibich, Lorenz, Scholze, May, Zincke, Günther, Heller, Kürschner, Pohl, Werner, Fiedler, Gottelt, Jarosch, Oppelt, Wenzel, Hille, Jockmann, Klominek, Petschenka, Pavlas, Seemann, Strobach, Austen, Häusler, Heinrich, Karban, Meltzer, Müller, Richter, Rößler, Uhle, Vater, Zahn und Zaruba. Wegen des häufig vorkommenden Namens Palme wurden die Namen vielfach durch Anhängen eines charakterisierenden Wortes unterschieden, bspw. Palme Ober, Palme Unter, Palme König, Palme Jons.  

Die tschechische Gemeinde Prácheň (= Parchen) hatte den gleichen Gebietsumfang wie das frühere deutsche Parchen. 1961 lebten 595 Menschen in der Gemeinde, die heute als Teil der Stadt Kamenický  Šenov (= Steinschönau) zum okres Česka Lípa (= Kreis Böhmisch Leipa) gehört.

[zurück zum Ortsverzeichnis]