RIEGERSDORF


Die Gemeinde Riegersdorf im Gerichtsbezirk Tetschen bestand aus den Ortschaften Riegersdorf und Steinsdorf. Die Gesamtfläche der Gemeinde betrug 443 ha. Das Gemeindegebiet hat seinen tiefsten Punkt am Eulaubach bei etwa 260 m und steigt im Süden an den Hängen des Hegeberges bis gegen 500 m und im Norden mit dem Gipfel des Kahlen Berges bis 528 m an. Vom gesamten Gemeindegebiet entfielen etwa 70 % auf landwirtschaftliche Flächen und 24 % auf Forsten. Der ursprüngliche landwirtschaftliche Charakter der Ortschaft Riegersdorf wurde ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch die Ansiedlung von Industriebetrieben stark verändert. 1939 gehörten nur noch 6 % der Bevölkerung dem Bereich Land- und Forstwirtschaft an, dafür waren 61 % im Wirtschaftsbereich Industrie und Handwerk sowie 13 % in Handel und Verkehr beschäftigt.  

Kirchlich war Riegersdorf nach Eulau eingepfarrt und gehörte mit dieser Pfarrei von 1628 bis 1832 zur Pfarrei Königswald. Die Matriken für Riegersdorf sind wie alle Matriken von Eulau seit 1669 erhalten. Am sogenannten „Alten Weg” bestand eine uralte hölzerne Kapelle, die aber schon vor 1914 abgerissen wurde. In Steinsdorf gab es eine alte Ortsglocke, die an einer Holzgabel hing und früh, mittags und abends sowie bei Todesfällen geläutet wurde. Bereits 1481 soll Riegersdorf ein Grundbuch gehabt haben, was auf ein Erbgericht schließen lassen könnte, vermutlich handelt es sich dabei jedoch um Reste des ältesten Grundbuchs von Eulau, in welchem Riegersdorf in einem eigenen Abschnitt geführt wurde. Sicher hatte Riegersdorf viele Jahrhunderte zum Gericht in Eulau gehört und wurde auch bei Errichtung der politischen Gemeinden im Jahre 1849 der Gemeinde Eulau angegliedert. Schon 1850 wurde es eine eigene Katastralgemeinde (= eine in Österreich in einem Grundbuch zusammen gefasste Verwaltungseinheit bzw. Steuergemeinde) und 1856 eine eigene politische Gemeinde.  

Riegersdorf
Riegersdorf ist eine deutsche Waldhufenrodung aus dem 13. oder beginnenden 14. Jahrhundert. Wahrscheinlich erfolgte die Gründung vom Gut Eulau aus, denn nur so ist die enge Bindung des Ortes an Eulau erklärbar. Der Ortsname geht zweifellos auf einen deutschen Personennamen zurück, jedoch ist nicht ganz klar, ob der Träger dieses Namens Richard, Rutger, Rüdiger oder ähnlich hieß. Zur Zeit seiner Gründung gehörte Riegersdorf wahrscheinlich zum Bereich des Johanniterordens. 1348 war es Bestandteil des Gutes Eulau. Die älteste bekannte urkundliche Nennung erfolgte 1422 sowie 1455 in der Hoflehentafel als „Rygersdorff”. Der älteste bekannte Familienname ist Blumentritt von 1530. In der Steuerrolle von 1654 und im Theresianischen Kataster von 1713 wurde Riegersdorf nicht eigens aufgeführt, sondern war in Eulau eingeschlossen. Im Zinsregister von etwa 1650/1660 lauteten die Namen der Bauern Vogel, Kargel, Klement, Blumentritt, Fritsche, Hamann, Heidenreich, Hieke, Jäger, Laube, Petzelt, Pfützner und Schmidt. 1787 hatte Riegersdorf 53 Häuser und 1833 schon 64 Wohngebäude und 417 Einwohner.  

Mitte des 19. Jahrhunderts setzte in Riegersdorf die Industrialisierung ein und ließ viele bedeutende Betriebe im Ort entstehen. 1857 gab es 481 und 1890 schon 766 Einwohner. Die häufigsten Familiennamen in Riegersdorf waren 1934 Klement, Fritsche, Böhm, Höhne, Nickel, Dörre, Reichelt, Hübner, Nitsche, Schönbach, Walter, John, Kretschmer, Paul, Sille, Tampe, Thiele, Heidenreich, Hofmann, Jäger, Maier, Püschner, Richter, Schubert, Schwarz, Werner, Windrich und Wolf.  

Steinsdorf
1830 wurde Steinsdorf gegründet, als von der Herrschaft Tetschen von den steinigen Hutweidegründen des Meierhofes je 100 Quadratklafter (= 360 qm) an 40 Siedler in einer Art Erbpacht vergeben wurden. Erst nach der Bodenreform in den 1920er Jahren konnten die Grundstücke käuflich erworben werden. Die Siedler, meist Hausweber, stammten überwiegend aus den umliegenden Ortschaften. Der Besitzer des Hauses Nr. 1 namens Sommer forderte die Ortsbezeichnung „Sommerdörfel” für den Ort, doch einigte man sich wegen der steinigen Beschaffenheit des Baugeländes auf „Steinsdorf”. 1857 hatte der Ort 257 Einwohner und 1879 70 Häuser mit 489 deutschen Bewohnern, die ihren Lebensunterhalt überwiegend durch Weberei verdienten. Durch die Industrieentwicklung in Riegersdorf und Königswald verbesserten sich die Erwerbsverhältnisse beträchtlich. Die häufigsten Familiennamen waren 1934 Nickel, Schiechel, Höhne, Kühnel, Sommer, Werner, Fritsche, Löbel, Jäger, Paul, Perthen, Günther, Preis, Seliger, Thiele, Tschernatsch und Wagner.  

Zur zuerst gebildeten politischen Gemeinde Modrá (= Riegersdorf) gehörten die Ortschaften Modrá und Kamenec (= Steinsdorf). 1961 lebten in Modra 560 und in Kamenec 300 Einwohner. Heute gehören Modrá und Kamenec zur Stadt Jilové (= Eulau).

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