RONGSTOCK


Die Gemeinde Rongstock im Gerichtsbezirk Tetschen bestand ausschließlich aus der Ortschaft Rongstock. Die Gesamtfläche der Gemeinde betrug 118 ha. Der Großteil des Gemeindegebietes ist gebirgig. Nur an der Elbe gibt es ein ebenes Gelände. Die Hanglage, die an die Bebauung des Bodens große Anforderungen stellt, ist der Grund dafür, dass nur 36 % der Gemeindefläche landwirtschaftlich genutzt wurden. 50 % waren bewaldet und 14 % felsig und dadurch unproduktiv. Wie alle Elbetalgemeinden zeichnete sich auch Rongstock durch reichen Obstbau aus. In früheren Jahrhunderten wurde auch Wein angebaut. Aufgrund seiner Entstehung als Bergdorf und seiner Lage in durchwegs gebirgiger Umgebung war die Landwirtschaft nie besonders stark vertreten. 1939 entfielen nur 10 % der Bevölkerung auf diesen Wirtschaftszweig. Stark ausgeprägt war die Beschäftigung in den Wirtschaftsbereichen Industrie und Handwerk mit über 45 %, allerdings hatte Rongstock selbst kaum Industrie. Die Arbeiter pendelten nach Pömmerle, Aussig und Bodenbach. Der Anteil der Bewohner an Handel und Verkehr betrug rund 25 %.  

Rongstock besaß wahrscheinlich seit seiner Gründung eine Bergmannskapelle, die im Zuge des bergbaulichen Aufschwunges zur selbständigen Pfarrei (nicht vor 1400) erhoben wurde. Später gehörte auch Topkowitz zur Pfarrei dazu. Nach 1624 wurde es eine Filiale von Neschwitz, bis 1786 eine lokale Seelsorge eingerichtet werden konnte und schließlich 1851 (oder 1857) die Wiedererhebung zur eigenständigen Pfarrei erfolgte. Der Pfarrsprengel umfasste außer Rongstock auch die seit Ende des 19. Jahrhunderts stark angewachsene Gemeinde Pömmerle im Kreis Aussig (die ursprünglich zur Pfarrei Schwaden gehörte) sowie drei Häuser von Topkowitz (Nr. 32, 33 und 34). Die Matriken von Rongstock sind seit 1785 erhalten, die früheren Eintragungen befinden sich in den Kirchenbüchern von Neschwitz (seit 1703). Im 16. Jahrhundert befand sich hier ein Ortsgericht. Von 1849 bis 1870 bildete Rongstock zusammen mit Topkowitz eine politische Gemeinde, deren Verwaltungssitz sich erst in Rongstock, dann aber in Topkowitz befand.  

In der südlichen Abzweigung vom Taleinschnitt Kirchberg wurde unterhalb des Heidelsteines 1909 eine mächtige Kulturschicht der Zeit um oder bald nach 1000 n.Chr. festgestellt. Vermutlich handelte es sich dabei um eine Zufluchtsstätte und nicht um eine ständig bewohnte Niederlassung. Rongstock wird 1186 erstmals genannt als Teil des Besitztums des Johanniterordens, der knapp zwei Jahrzehnte zuvor das Waldgebiet nördlich von Aussig zwecks Erschließung übernommen hatte. Der Ortsname dürfte mit großer Sicherheit von der altslawischen Bezeichnung des dortigen Flussabschnittes kommen: „Roztoki” (1186 genannt) heißt soviel wie „Außeinanderfließen”; die Elbe wurde oberhalb von Rongstock nahe Pömmerle durch Inseln geteilt. Die starke Verbreiterung des Flussbettes unterhalb davon führte zu einem Auseinanderfließen des Wassers. Durch Umformung in der deutschen Volkssprache kam es schließlich zu „Rongstock”. Schon im 13. Jahrhundert soll im Ort ein Silberbergwerk bestanden haben, urkundliche Nachrichten darüber gibt es aber erst seit dem 16. Jahrhundert. Damals wurde von Magdeburger und Annaberger Gewerken Silberbergbau betrieben, die Schmelzhütte zur Erzverwertung befand sich 2 km stromabwärts auf der rechten Elbeseite bei Nieder-Wellhotten.  

Aus dem Urbar von 1624 sind die folgenden Namen überliefert: Püschel, Grüner, Lerche, Pechanz, Eichler, Gaube, Herberg, Leinweber, Wetzke, Zimmermann, Berger, Böse, Deumer, Hache, Heidenreich, Herlitze, Klemmer, Mürze, Multener, Peißig, Richter (seit 1587 nachgewiesen), Strache, Thiele, Weigel und Wunderlich. Insgesamt standen 39 Häuser. 1654 gab es 34 Häuser, darunter nur ein Bauer, was für ein Bergdorf charakteristisch war. Im Jahre 1680 war ein gewisser Eichler aus Rongstock einer der Anführer des Bauernaufstandes im Elbetal. 1713 gab es 50 Häuser, der Name des einzigen Bauern lautete Richter, die Gärtner hießen Eichler, Lösel, Herlitze, Leinweber, Lischke und Wundrich. Von den Häusler waren die Namen Eichler, Gaube, Hache, Klemmer, Lösl und Wundrich sowie Richter recht häufig. 1787 hatte der Ort 63 Hausnummern und 1833 lebten 318 Einwohner in 68 Häusern. Die Volkszählungen von 1869 und 1890 wiesen für Rongstock 350 bzw. 335 deutsche Einwohner aus. Die häufigsten Familiennamen waren 1934 Lauber, Leinweber, Gaube, Hüttig, Beher, John, Gruber, Hruschka, Lenik, Lösel, Peschke, Pichel, Prautsch, Rasche, Schwarzer, Struppe, Thiele und Winkler.  

Die heutige tschechische Ortschaft Roztoky (= Rongstock) ist in die Gemeinde Povrly (= Pömmerle) im Kreis Aussig eingemeindet. 1961 lebten 237 Einwohner in Roztoky.

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